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Bialowieza-Nationalpark

Der letzte Urwald Europas - Auf der Suche nach Wisenten im Bialowieza-Nationalpark


Zwischen Jahrhunderte alten Baumriesen streifen Wisente frei herum, ebenso Luchse, Dachse, Elche und Wölfe. Der Bialowieza-Nationalpark an der Grenze von Polen und Weißrussland ist ein nahezu unberührtes Stück Wildnis, in Ruhe gelassen von den Menschen. Er gilt als Europas letzter echter Urwald. Mit Bäumen von imponierendem Ausmaß und Alter. Von der UNESCO wurde der polnische Teil des Nationalparks im Jahre 1979 zum Weltnaturerbe erklärt und 1992 auf den anliegenden Teil des weißrussischen Nationalparks erweitert.

Die dichten Laub- und Mischwälder rund um Bialowieza, ganz im Osten Polens, sind einzigartig in Europa. Denn wirklich unberührte Natur findet man auf unserem dichtbesiedelten Kontinent selten. Doch hier auf beiden Seiten der polnisch-weißrussischen Grenze liegt ein Stück Land, dessen Ursprünge bis zum Ende der letzten Eiszeit zurückgehen: der letzte Flachlandmischwald Europas, der den Namen Urwald wirklich verdient.

Bialowieza Bialowieza Bialowieza

Die Wälder beiderseits der Grenze nehmen eine Fläche von 1.500 Quadratmeter ein, von denen etwa die Hälfte als UNESCO Weltnaturerbe anerkannt ist. Etwa zwei Fünftel liegen auf polnischer Seite. Als Nationalpark ist in Polen eine Fläche von 10.500 Hektar geschützt, davon gelten 5.700 Hektar als streng geschützter Bereich. Seit der Gründung des Nationalparks im Jahre 1921 wurden hier praktisch keine Forstarbeiten mehr durchgeführt und der Wald sich selbst überlassen. So können uralte, knorrige Bäume ungestört wachsen, manche von ihnen seit fünfhundert Jahren. Das Durchschnittsalter des Waldbestands in diesem Gebiet liegt laut einer Datenerhebung aus dem Jahre 1991 bei 126 Jahren. Der Durchschnitt in restlichen Polen liegt bei 54 Jahren. So erreichen hier alle Baumarten Höhen, die in anderen Gebieten Europas ungewöhnlich sind.

Bester Ausgangspunkt für die Besichtigung des Nationalparks ist das namensgebende Dorf Bialowieza. In dem etwa 2.000 Einwohner zählenden Dorf unweit der weißrussischen Grenze befindet sich seit 1932 die Verwaltung des Nationalparks Puszcza Bialowieska. Auf dem Gelände des 1944 von deutschen Truppen gesprengten Zarenpalastes von Bialowieza entstand das Muzeum Przyrodniczo-Lesne, das Naturkundliche Museum des Nationalparks. Dort kann man sich einen Überblick über die Geschichte des Nationalparks, den Schutz der Natur und die Artenvielfalt machen.

Bialowieza Bialowieza Bialowieza

Das Gebäude liegt in dem 50 Hektar großen Palastpark im englischen Stil. In ihm befindet sich neben einer Vielzahl exotischer Pflanzen auch eine Reihe von historischen Bauwerken aus dem 19. Jahrhundert. Zu ihnen gehört der ehemalige Jagdhof des Zaren, ein hölzernes Bauwerk aus dem Jahre 1846.

Bialowieza Bialowieza

Bialowieza Bialowieza Bialowieza

Fünfhundert Meter vom Palastpark beginnt der streng geschützte Teil des Nationalparks Bialowieza. In diesem Bereich ist nur ein Fußweg von 4 km Länge zugänglich. Wie in „Jurassic Park“ trennt ein schweres Holztor die prähistorische Welt der Kernzone vom Rest der Welt. Ein Besuch dieses Teil des Urwalds ist ausschließlich unter der Leitung eines lizensierten Führers möglich.

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Das "Tor zum Wald" - Hinter einem Holztor beginnt das Allerheiligste des Nationalparks - das "Strenge Schutzgebiet", das Besucher nicht ohne Führer betreten dürfen.


Hinter dem Tor wird es schlagartig dunkel. Hier beginnt der Wald, der aus der Zeit gefallen scheint. Man taucht in eine Welt, die vor 2000 Jahren ganz Europa bedeckte und heute zu einem wertvollen und seltenen Gut unseres Kontinents geworden ist. Über den Köpfen breiten sich einige der höchsten Bäume Europas ihre Kronen aus. Die höchsten Fichten sind über 50 Meter hoch, Eichen und Eschen erreichen eine Höhe von vierzig Meter und mehr, Ahorn, Hainbuche und Linde schaffen zuverlässig die 30-Meter-Marke. Die meterdicken Stämme gleichen Säulen. Denn der geschlossene Bestand lässt den Bäumen keinen Raum sich weit auszubreiten. Vom Lichthunger getrieben wachsen sie schlank und gerade nach oben. Äste und eine Krone wachsen erst in mehr als 15 Meter Höhe. Dieser kopflastige Wuchs hat aber seinen Preis: die Baumriesen im Bialowieza-Wald gehen bereits im besten Eichen-Alter von 500 Jahren zu Boden.

Bialowieza Bialowieza
Einige der Urwaldbäume mit langen, astlosen Stämmen und hohen Kronen sind groß wie Hochhäuser, 50 Meter und mehr.

Dort, wo ein Baumreise kernfaul vom Sturm umgebrochen wird und eine Lücke in das Blätterdach reißt, ist Platz für Jungwuchs. Jede noch so kleine, natürliche Lichtung wird zum Saatbeet für Tausende von Pflanzensamen. Die Jungpflanzen wachsen dann so schnell es geht, denn nur wer es zuerst nach oben schafft und den anderen mit den Blättern das Licht nimmt, überlebt.

Bialowieza Bialowieza Bialowieza

Der Boden trägt eine dicke, nährstoffeiche Humusschicht, sie sich in Hunderten von Jahren aus all den abgefallenen Blättern, Zweigen und gestürzten Bäumen gebildet hat. Pilze, Flechten und Moose, vor allem aber die Bodenbakterien haben unter der hohen Luftfeuchtigkeit des Blätterdachs unentwegt für die Umwandlung aller abgestorbenen pflanzlichen Stoffe zu fruchtbaren, lockeren Waldboden gesorgt. So wachsen die jungen Bäume gleichsam um die Wette.

Bialowieza
Morsche, vom Sturm gefällte Baumriesen werden von Moosen und Flechten überzogen, vermodern und werden zu Erde

Die biologische Vielfalt des Urwalds ist überwältigend. Über 12.000 Tierarten wurden hier registriert, darunter 120 Vogel-, sieben Reptilien- und elf Amphibienarten. Man schätzt allerdings, dass die Gesamtzahl der Arten doppelt so groß sein könnte.

Hier leben alle zehn in Europa vorkommenden Spechtarten. Die morschen Stämme der vielen alten Bäume bieten ihnen ideale Nistbedingungen.

Buntspecht Dendrocopos major Weißrückenspecht Dendrocopos leucotos Weißrückenspecht Dendrocopos leucotos
Buntspecht und Weißrückenspecht

Auch Wölfe leben hier. Sie sind sehr scheu und selten und nur mit ganz viel Glück kann man einen bei einer Wanderung durch das Urwaldgebiet zu Gesicht bekommen. In dem geschützten Teil hat ein Rudel aus 15 Tieren ihr Revier. Da dieses aber 50 Quadratkilometer umfasst, ist es zu klein, um den Bestand des Rotwildes regulieren zu helfen.

Die meisten Besucher kommen nach Bialowieza um den König des Urwalds zu sehen – den Wisent, das Symbol des Nationalparks. Mit einer Länge von fast drei Metern, einer Schulterhöhe von zwei Metern und einem Gewicht von über einer Tonne ist dieses Wildrind das größte frei lebende europäische Säugetier. Im Mittelalter waren diese pflanzenfressenden Kolosse in weiten Gebieten von West-, Zentral- und Südosteuropa verbreitet. In den Urwäldern rings um Bialowieza zählte man zu Beginn des Ersten Weltkrieges noch rund 700 Exemplare, die aber in den Zeiten des Krieges stark dezimiert wurden. Im April 1919 wurde der letzte freilebende Wisent erschossen. Anfang der 1920er Jahre galt der Wisent als fast ausgestorben, konnte aber durch Nachzucht weniger Exemplare, die sich in verschiedenen europäischen Zoos befanden, wieder in die freie Wildbahn ausgewildert werden. Die gezielte Auswilderung war erfolgreich und die Wisentpopulation ist wieder auf eine stattliche Anzahl angewachsen.

Bialowieza

Bialowieza Bialowieza Bialowieza
Von Aussichtsplattformen kann man in der Dämmerung Ausschau nach Wisenten halten

"Wenn man in Bialowieza keinen Wisent sieht, ist das so ähnlich, als ob man in Rom wäre und den Papst nicht gesehen hätte." Mit diesen Worten wirbt heute die Polnische Gesellschaft für Touristik und Landeskunde (PTTK) für ihre geführten Wanderungen durch den Nationalpark. Hier im Bialowieza-Wald streifen 900 wilde Wisente auf beiden Seiten der polnisch-weißrussischen Grenze durch das Unterholz – rund 500 leben auf der polnischen Seite, die übrigens jenseits des EU-Grenzzauns auf der anderen Seite in Weißrussland. Kleiner Grenzverkehr ist den Wildrindern nicht erlaubt: Die polnischen Wisente bleiben auf der einen, die weißrussischen auf der anderen Seite.

Anders als die Wisente dürfen wir die Grenzen passieren. Seit einem Jahr (12. Juli 2015) können ausländische Touristen gemäß dem Erlass des Präsidenten der Republik Belarus Nr.115 in den Nationalpark „Belovezhskaya Pushcha“ durch die Grenzübergangsstelle „Pererow“ (Belovezha) ohne Visum einreisen. Der Aufenthalt darf dabei 3 Tage nicht überschreiten und ist nur auf dem Territorium des Nationalparks erlaubt. Grundlage für eine visumfreie Einreise ist ein Dokument, das einen ausländischen Bürger zum Besuch des Nationalparks berechtigt. Der örtliche Reiseveranstalter Nature Travel organisiert Ausflüge über diese Grenze.

Die Einreise nach Weißrussland ist noch relativ abenteuerlich. Der Grenzübergang steht nur für Radfahrer und Fußwanderer zur Verfügung und ist nicht sehr stark frequentiert. Dennoch sollte man sich auf mehrstündige Wartezeiten einstellen bis alle Einreiseformalitäten geklärt sind.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bialowieza-Urwald zwischen Polen und der Sowjetunion geteilt. Man erzählt, dass das Gebiet ursprünglich vollständig der Sowjetunion zugesprochen werden sollte. Nach einem Abendessen mit polnischen Genossen, baten diese um ein Jagdgebiet, woraufhin Genosse Stalin gönnerhaft einen Strich über die Karte gezogen haben soll, der die noch heute gültige Grenze markiert.

Der weißrussische Teil des Parks ist wesentlich größer als der in Polen. Der Belowesher Wald wurde im Jahr 1991 als Beloweschskaja Puschtscha-Nationalpark (Belovezhskaya Pushcha) eingerichtet. In diesen Wäldern fand am 8. Dezember 1991 ein welthistorisches Ereignis statt, als hier die Präsidenten Russlands, der Ukraine und Weißrusslands, Boris Jelzin, Leonid Krawtschuk und Stanislau Schuschkewitsch, den sogenannten Vertrag von Minsk bzw. die Vereinbarungen von Beloweschskaja Puschtscha zur offiziellen Auflösung der Sowjetunion und Gründung der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) unterzeichneten. Ein Jahr später (1992) wurde der Status des UNESCO-Welterbes auf diesen Teil erweitert.

Rund 400 Wisente streifen zwischen Grodno und Brest durch die Wälder auf der Suche nach Nahrung. Da diese große Anzahl an Tieren im Winter nicht allein durch die jungen Triebe im Wald zu ernähren ist, wurden zahlreiche Getreidefelder angebaut. An diesen offenen Flächen sind die Chancen auf eine Wisent-Sichtungen besonders hoch.

Bialowieza Weissrussland

Im Sommer meiden die scheuen Tiere offene Flächen und bleiben tagsüber verteilt in kleinen Gruppen im Wald. Erst bei Anbruch der Dämmerung verlassen sie den schützenden Wald zum Grasen. Wir hoffen die mächtigen Tiere auf den Lichtungen beobachten zu können.

Bialowieza Weissrussland Bialowieza Weissrussland Bialowieza Weissrussland

Neben den Wisenten leben hier auf der weißrussichen Seite auch zahlreiche Luchse, Dachse und Schelladler. Allein in dem Gebiet um Kameniuki haben neun Luchse und 23 Dachsfamilien ihr Revier. Sogar Auerhähne, die auf der polnischen Seite fehlen, sind hier noch anzutreffen.

Luchs-Kratzspuren im Bialowieza-Nationalpark Weissrussland Dachsbau im Bialowieza-Nationalpark Weissrussland Dachsbau im Bialowieza-Nationalpark Weissrussland
"Kratzbaum" eines Luchs und Dachsbau


Fotos: Steven Blum und Carlo Dörschmann-Sander

Weitere Informationen: Polen Weißrussland Bird Watching






Kamieniuki (Weißrussland) Seit der Auflösung der UdSSR 1991 ist Weißrussland ein eigenständiger Staat in Osteuropa mit der Hauptstadt Minsk. Wer den weißrussischen Teil des Bialowieza-Urwald im Belavezhkaya Pushcha State National Park erkunden will, startet in dem kleinen Ort Kamieniuki (früher auch Kamienniki oder Kamieniki genannt). Hier kann man ganzjährig Djed Moros „Großväterchen Frost“, einem dem Weihnachtsmann ähnelnde, ursprünglich russische Märchenfigur, und seine Enkelin Snjegurotschka „Schneeflöckchen“ treffen. [mehr]

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